670 km in Äthiopien mit Flugzeug und Jeep in eine andere Welt. Äthiopien ist in jeder Beziehung außergewöhnlich. Es wird auch das Dach Afrikas genannt, weil mehr als die Hälfte des Landes über 1.200 m hoch liegen. In der Hauptstadt Addis Abeba findet man den größten Markt Afrikas, den „Mercato“. Ca. 13.000 Menschen handeln dort mit den verschiedensten Waren. Die Route von Addis Abeba ging mit Flug nach Arba Minch. Hier wurde es auch langsam immer heißer. Es foltgen die Orte Bussa, Gidole, Konso und dann der afrikanische Grabenbruch – das Great-Rift-Valley. Im Anschluss daran die Asele- und Buska Mountains, sowie die trockene Savanne bei Dimeka und Turmi mit Schotter- oder Sandpisten. Am Ende der Reise über Murulle und Weito wieder zurück nach Arba Minch. Wasser war hier überall eine rare Kostbarkeit.
DIE VOLKSSTÄMME DES OMO- UND GREAT-RIFT-VALLEY
Das untere Omo-Tal im Südwesten von Äthiopien ist die Heimat einiger der weltweit letzten indigenen Völker. Sie unterscheiden sich sprachlich nur gering und haben sich ihre Kulturen, Traditionen und Rituale bewahrt. Seit 1980 gehört dieses Gebiet zum Weltkulturerbe der UNESCO. Für viele Anthropologen gilt das Omo-Tal als Ursprung der Menschheit – des Homo Sapiens. Hinter dem „Mount Buska“ und den „Asele Mountains“ leben die Urvölker der Hamar und Kara. Vor dem Great-Rift-Valley ( ostafrikanischer Grabenbruch ) die Konso und im Great-Rift-Valley die Arbore, nur um einige der wichtigsten Stämme hier zu nennen. Ihr traditionelles Leben wird in keiner Weise von der Erhöhung des Benzinpreises oder von steigenden Zinsen oder fallenden Währungskursen beeinflusst. Sie benötigen nicht viel und decken ihren Bedarf aus dem Kreislauf der Natur und orientieren sich einfach an anderen Wertvorstellungen. Aber ihre Zukunft ist gefährdet. Der gigantische Staudamm Gibe III ( geplant Gibe I bis V ) wird am oberen Omo-Tal gebaut. Er wird das empfindliche Ökosystem und die Lebensgrundlage der indigenen Völker zerstören. Die jährlichen Überschwemmungen des Omo, eine wichtige Konstante für die Landwirtschaft, werden dann für immer ausbleiben. Außerdem verpachtet oder verkauft die äthiopische Regierung große Landflächen an ausländische Firmen, wodurch sich für viele dieser Völker ihre Anbauflächen verringern.
Einfach nur schlimm – Landraub und Zwangsvertreibungen:
http://www.survivalinternational.de/nachrichten/10902
Die Hamar:
Mein Hauptaugenmerk auf dieser Reise galt dem Volksstamm der Hamar oder auch Hamer, einer indigenen Bevölkerungsgruppe mit etwa 42.000 Angehörigen in der Omo-Region, im Südwesten von Äthiopien. Ich fand stolze, offene und freundliche Menschen vor, die mich in ihren Gehöften stets willkommen hießen. Die Hamar sind verwandt mit den Benna und kaum von ihnen zu unterscheiden. Ihre Sprache ist das Hamar-Benna, welches zu den südomotischen Sprachen gehört und ihre Religion ist das Anrufen der Lebenskraft „Barjo“ durch gemeinsame Fürbitten und Gesänge. „Barjo“ kann auch als Schicksal oder Glück definiert werden. Die Savannen-Vegetation in ihrem Stammesgebiet ist sehr karg und die Niederschläge sind spärlich und unregelmäßig, so dass es immer wieder zu Dürrekatastrophen und daraus resultierenden Hungersnöten kommt. Gerade in diesen Zeiten der Dürre ziehen sie mit ihren Herden auch in weit entfernte Gebiete, was unweigerlich zu Konflikten mit benachbarten Volksgruppen führt. Die Hamar leben wie die meisten halbnomadischen Volksgruppen in dieser Region vor allem von ihren Zebu-Rinder- und Ziegenherden, betreiben aber gleichzeitig auch Ackerbau und Handel. Ihre Herden sind Lebensgrundlage ( Blut / Milch / Fleisch ) und zugleich Statussymbol der Menschen. Die Landwirtschaft ist ausgerichtet auf den Wechsel von Trocken- und Regenzeit. Es wird auf den Feldern eine Mischkultur, bestehend aus Bohnen, Hirse, Mais und Kürbissen angebaut. Hirse ( Sorghum ) ist das wichtigste Grundnahrungsmittel, aus dem die verschiedensten Gerichte und Hirsebier zubereitet werden. „Sherka“ ( selbstgefertigte Behältnisse aus Kürbishälften ) sind ein wichtiger Bestandteil im alltäglichen Gebrauch, dienen aber auch als Tauschgut in der Kultur der Hamar. Die Kürbishälften werden je nachdem für was sie benötigt werden, unterschiedlich gefertigt und aufbereitet. Es gibt die verschiedensten Gebrauchsmöglichkeiten, wie z.B. für Hirsebier, Kaffee, Milch, Öl und zum Buttern oder auch als Schöpflöffel.
Die Hamar leben in kleinen Familien-Gruppen auf stammeseigenem Land zusammen. Der Grundriss eines Familienhauses ist oval. Die Wände bestehen aus Holzpfählen, die mit einem Gemisch aus Erde und Kuhdung verstrichen sind. Das kegelförmige Dach ist aus langen Holzstangen gebaut, die mit trockenem Gras bedeckt werden. Die Kochstelle ist einer teilweise offenen Hausöffnung zugewandt. Der Eingang hat eine kniehohe Schwelle, damit keine Tiere in das Haus laufen können. Eingefriedet ist das Gelände teilweise mit Holzpalisaden und geschnittenem Dornengeäst, das zu einem Wall aufgeschichtet wird. Zwei rituelle hölzerne Torbögen ermöglichen den Zugang zu einem Gehöft. Im inneren Hof leben die Ziegen und in einem mit Holzzaun getrennten Areal übernachten die Rinder, die sehr früh morgens wieder auf die Weiden getrieben werden. Die Männer und Jungen arbeiten fast ausschließlich als Hirten, sammeln aber auch Honig. Die Frauen kümmern sich in den Gehöften um die Kinder, die Sauberkeit, das Kochen, das Wasserholen, das Sammeln von Brennholz, sowie Kuh- und Ziegendung für den Hüttenbau. Sie sind auch verantwortlich für die Feldarbeit und den Handel auf Märkten. Die Mädchen verbringen viel Zeit damit, schöne Lederkleidung und Perlen- oder Kaurischneckenschmuck herzustellen. Schmuck hat eine große Bedeutung, weil es die soziale Position des Trägers oder der Trägerin widerspiegelt. Wichtige Ereignisse im Alltagsleben sind die wöchentlich stattfindenden Wochenmärkte in Dimeka und Turmi, auf denen auch der Austausch von Neuigkeiten stattfindet. Für die traditionelle Frisur der Hamar Frauen wird das Haar mit einer Mischung aus rotem Ocker ( Ton ) und Tierfetten / Butter eingerieben, ebenso der Körper als Schutz vor Insekten, der Sonne und als Schönheitsideal. Sehr auffallend sind manchmal die Männer mit geschorenem Kopf. Darauf tragen sie aus Lehm modellierte, farbige Kopfschalen, geschmückt mit Perlen und Federn – eine Auszeichnung für eine besondere Leistung, wie die Erlegung eines wilden Tieres. Für diesen raffinierten Kopfschmuck haben die Männer hölzerne Kopfstützen zum Schlafen, die auch unterwegs als Hocker benutzt werden. Verschiedene geometrisch angeordnete Schmucknarben zieren die Arme und den Rücken dieser Menschen. Oftmals ist es für die Männer nicht einfach eine Frau für die Heirat zu bekommen. Sie müssen einen hohen Preis an die Brauteltern bezahlen. Etliche Ziegen und Rinder werden ausgehandelt und als Zugabe noch Honig. Verheiratete Hamar Frauen tragen symbolisch silberne Metallringe um ihren Hals. Ein Mann kann mehrere Frauen haben und polygam mit ihnen leben. Ist eine Frau die Zweite ihres Ehemannes, muss sie zwei Ringe um ihren Hals tragen. Trägt sie an einem Halsring noch einen abstehenden Zapfen, so ist sie die Hauptfrau ihres Mannes und hat besondere Vorzüge gegenüber den anderen Frauen. Diesen Sonderstatus behält sie auch in ihrem ganzen Eheleben.
Während dem Besuch eines Hamar-Dorfes ging ich einmal früh morgens mit zwei Frauen zu einem weit entfernten Brunnen Wasser holen. Das Wasser wird in einen 20 Liter fassenden gelben Plastikkanister abgefüllt. Dann wird der schwere Kanister in einer Art Ziegenleder- oder Plastikrucksack mit Riemen auf dem Rücken zurück zum Gehöft getragen. Schnell spricht es sich herum, dass ich wieder im Dorf zurück bin und werde von einer Familie zum Kaffeetrinken eingeladen. Ich darf in ihrer Hütte auf Ziegen- und Kuhfellen, die normalerweise als Schlafstätte dienen, Platz nehmen. Der dort typische Kaffee aus angerösteten und dann gemahlenen Hülsen der Kaffeebohne wird in siedentem Wasser aufgekocht. Die Zweitfrau schöpft den Kaffee in eine Kalebasse ( Sherka ) und reicht sie mir zum Trinken. Für mich schmeckt es eher wie ein Tee, als nach Kaffee. Plötzlich erscheint an der niedrigen Eingangsschwelle der Dorfälteste. Sofort wird ihm auch eine Kalebasse mit Kaffee gereicht. Er trinkt einen Schluck daraus und spuckt den Kaffee in die Runde der Anwesenden. Völlig überrascht lasse ich mich aufklären – es ist ein morgendliches Ritual zur Begrüßung der Anwesenden mit den Wünschen für Glück und Gesundheit.
Zu den bedeutendsten Ritualen der Hamar gehört das Initiationsritus der „Bull Jumping Ceremony“. Wenn ein Junge erwachsen wird, kommt die Zeit, dass er heiraten und eine Familie gründen will. Um heiraten zu dürfen, muss er eine Initiation durchlaufen, deren Höhepunkt der Bullensprung ist. Die Zeremonie wird durch Tänze der weiblichen Verwandten des zu initiierenden Mannes ( Ukuli ) eingeleitet. Die Frauen bewegen sich dabei im Kreis und stampfen mit ihren Füßen auf den Boden, hüpfen in die Höhe oder blasen in ihre kleinen Trompeten. Mit schrillen Stimmen singen sie dabei, während die metallenen Schellen an ihren Waden dazu läuten. Danach folgt das Auspeitschen der weiblichen Clan-Angehörigen durch die Junggesellen ( Maz ), die den Sprung über die Rinder bereits bei einer früheren Zeremonie erfolgreich absolviert haben. Für die Hamar ist das Auspeitschen der Frauen ein untrennbarer Bestandteil dieses Rituals. Die weiblichen Clan-Angehörigen, des zu initiierenden Mannes, demonstrieren damit ihre Fähigkeit Schmerz zu ertragen für den Initianden, für die Gesellschaft, aber auch Zuneigung für den Mann, den sie lieben. Dieses Ritual sichert ihnen auch in schlechten Zeiten die Unterstützung des Initianden und der Gesellschaft. Während der Zeremonie fordern diese Frauen die heiratswilligen Männer über mehrere Stunden lang wiederholt dazu auf, weitere Peitschenhiebe auszuführen. Dabei stellen sich Frauen, wie auch ältere Mädchen trompetend, stolz aufgereckt, auch neckend vor die Männer, bis diese die sehr langen und biegsamen Gerten auf die nackten Rücken der Frauen peitschen. Obwohl auf ihren Rücken das Blut läuft, lachen die Frauen nur höhnisch und blasen wieder in ihre Trompeten. Je wulstiger die dabei entstehenden Narben sich bilden, um so schöner werden sie empfunden. Für uns Europäer sieht es so aus, als wären diese Frauen dabei in einer Art von Trance. Kurz vor Sonnenuntergang wird der eigentliche „Bullensprung“ vorbereitet. Mehrere Zebu-Rinder werden gepackt und in einer Reihe aufgestellt. Der nackte, initiierende Mann springt und läuft viermal über die Reihe von Rindern. Schafft er die Prüfung ohne Stürze, geht er symbolisch von der Kindheit/Jugend über in den Status eines erwachsenen Mannes. Er erhält in dem Moment die Berechtigung eine Familie zu gründen und ist ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. ( Anmerkung: Wäre er dabei gestürzt, wäre er ein Versager, denn nur Helden werden Männer. Leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, was mit einem gestürzten jungen Mann dann weiter passiert, ob er noch eine Chance bekommt? ).
„Ich, der Ferenji (weißer Mensch), durfte hochinteressante, eindrucksstarke und faszinierende Tage mit schönen erfüllenden Momenten bei dem Volk der Hamar miterleben. Solche einzigartigen Kulturen regen zum Nachdenken an. Sie helfen uns, wenn wir es denn zulassen, zum Ursprünglichen zurück zuschauen, zu erkennen, was im Leben wirklich wichtig ist und wie wenig man braucht, um glücklich zu sein.
BARJO EME – Danke!“
Die Kara:
Die Kara sind nur eine kleine Volksgruppe am Omo-Fluss mit ca. 1.500 Angehörigen. Ihre Sprache ist das gleichnamige Kara, das zu den südomotischen Sprachen zählt. Sie leben noch abgeschieden und weitgehend unberührt von der Moderne mit Ausnahme ihrer verzierten Kalaschnikow-Gewehre und ihren Tributforderungen an photographierende Touristen. Sie haben symbolträchtige Rituale, die durch den Einsatz von Körperbemalung mit Naturfarben aus Asche, Kreide und Lehm, aufwändigem Kopfschmuck ( Früchte / Perlen / Kaurimuscheln ) und Narbentätowierungen, ihre spezielle Bedeutung haben und zum alltäglichen Leben des Stammes gehören. Kara Männer formen mit Tonerde ihr Haar zu ausgefallenen Kappen in Ockerfarbe, die mit farbigen Straußenfedern am Hinterkopf verziert werden. Manche Frauen und Mädchen durchbohren mit einem Nagel unterhalb der Unterlippe die Haut. Das Loch dient zur kontrollierten Wasserabgabe beim Waschen ihrer Kinder oder der Hände. Erst füllen sie ihre Mundhöhle mit Wasser, öffnen das mit einem Grashalm oder Nagel verschlossene Loch und lassen dann das Wasser langsam auf die zu reinigenden Körperteile fließen. Die Kara sind kulturell mit den Hamar verwandt, deshalb ähneln sich ihre Sprachen, Riten und Gebräuche sehr stark. Auch ist ihre Kleidung nahezu identisch. Eine Vermischung mit dem Volk der Hamar durch Heirat ist sehr häufig der Fall. Ihre Lebensgrundlage ist der Ackerbau ( Sorghum/Mais ) im Schwemmland des Omo-Flusses. Hierfür sind sie auf die jährlichen Überschwemmungen des Flusses angewiesen. Aber auch von der Fischerei und von der Viehzucht ernähren sie sich. Die Älteren passen auf, dass die Jüngeren den Umgang mit Geld erlernen und jeder Tourist seine Photos auch bezahlt. Eine Bedrohung für das Vieh stellen die Viehdiebe dar, die sich an den Viehbeständen der Kara vergreifen, was dazu geführt hat, dass sich nun die Kara mit Kalaschnikows gegen die Viehdiebe wehren. Ca. 500 Kilometer stromaufwärts am Omo-Fluss wird der Staudamm Gibe III gebaut. Er wird mit 240 m der höchste Staudamm des afrikanischen Kontinents und empfindliche Auswirkungen auf das Ökosystem und die Schwemmgebiete in der Region und somit auch für die Kara haben. Experten gehen davon aus, dass die Überschwemmungszeiten des Omo sich verändern und einen dramatischen Verlust des Wasservolumens zur Folge haben werden. Die Schwemmgebiete werden austrocknen und den Kara und anderen Völkern, die fast vollständig vom Fischen und Ackerbau leben, droht eine Unterernährung, was zu Auseinandersetzungen mit anderen Stämmen aufgrund mangelnder Nahrungs-Ressourcen führen wird.
Die Konso:
Das Volk der Konso lebt mit etwa 200.000 Angehörigen im Südwesten Äthiopiens, oberhalb des Great-Rift-Valley ( ostafrikanischer Grabenbruch ) und etwa 90 km von der Distrikthauptstadt Arba Minch entfernt. Im Jahr 2011 wurde ihre Kultur- und Naturlandschaft in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen. Über 400 Jahre alte, mehrstöckige, bewässerte Terrassenlandschaften sowie hohe Befestigungswälle aus schwarzem Basalt und Holzzäunen, umgeben die Siedlungen mit strohbedeckten Steinhäusern, Speichern und Stallungen für ihre Tiere. Die Wälle dienten früher zur Abwehr von Feinden und wilden Tieren. Die Dörfer wachsen von innen nach außen, d.h. wenn der Platz innerhalb eines Walles nicht mehr ausreicht, wird eine neue Mauer um das bestehende Dorf gezogen und neue Gehöfte innerhalb dieser Mauer gebaut. Jede Familie besitzt darin ein eigenes eingezäuntes Gelände mit ihrer Hütte, der Kornkammer ( Kosa ), einem Kochplatz und einem Unterstand für die Tiere.
Die Konso praktizieren Polygamie. Ein Mann hat bis zu 4 Frauen und mehrere Kinder. Ihre Sprache ist das gleichnamige Konso, welches zur ostkuschitischen Sprachfamilie zählt und ihr Hauptort ist Konso. Geprägt sind die Gemeinden vor allem durch ihren außerordentlichen sozialen Zusammenhalt und gemeinschaftliches Arbeiten. Der zentrale Dorfplatz ist gleichzeitig Gerichts-, Hochzeits- und Zeremonienort. Es gibt auch einen „Kala“ – König. Er ist Ratgeber, oberster Richter und Repräsentant seines Volkes. Die Konso sind ausserdem Meister ihres terrassenförmigen Ackerbaus, um dem Bodenabtrag vorzubeugen und um das wenige Regenwasser sinnvoll über die Felder fließen zu lassen. Es wird Kohl, Mais, Hirse ( Sorghum ), Süßkartoffeln, Bohnen, Kaffee und Baumwolle angebaut. Neben den – in ganz Äthiopien üblichen Getreidesorten – ist bei den Konso auch der vitaminreiche Kohlbaum ( Moringa stenopetala ) ein wichtiger Nahrungs- und Gesundheitsspender. Seine Blätter werden mit Wasser und Salz aufgekocht und mit kleinen Maisklößen gegessen. Die Samen werden auch zur Reinigung des Flusswassers und zur Ölgewinnung genutzt. „Tschakka“ ist ein aus Mais gebranntes Bier und wird gemeinsam getrunken. Das Handwerk ( u.a. Weberei ) sowie die Landwirtschaft haben sich seit Generationen nicht verändert und sind traditionell tief verankert. Die Konso erinnern mit einem Totenkult aus geschnitzten Holzfiguren an ihre verstorbenen Verwandten. Der Geist der Verstorbenen kann in den hölzernen Figuren „Waka“ weiterleben.
Die Arbore:
Die Arbore ( Erbore ) sind mit etwa 4000 Angehörigen eine kleine Stammesgruppe und leben im ostafrikanischen Grabenbruch ( Great-Rift-Valley ) am Chew Bahir See. Sie sprechen die Omo-Tana-Sprache, eine Untergruppe der kuschitischen Sprachen. Jedes Dorf wird von einem gewählten politischen und einem religiösen Führer geleitet und die Hütten ordnen sich im Kreis um den zentralen Dorfplatz ( Nab ). Ihre Gesellschaftsstruktur gliedert sich in 10 Clans und clanübergreifende Generationsklassen ( Herr ), welche jeweils aus vier Altersklassen ( Jim ) mit einem Altersunterschied von max. neun Jahren bestehen. Jedes Mitglied der Gesellschaft hat seinen festen Platz, welcher ihm von Geburt an, durch sein Geschlecht bestimmt ist. Die Zugehörigkeit zu Clans, Generations-/ Alters- und Heiratsklasse ( Luba ) ist mit vorgegebenen Heiratsregeln und Verhaltensnormen verbunden. Für die Mädchen ist die ritualisierte Genitalbeschneidung ( die Ausschneidung der äußeren Klitoris und ein Teil der Schamlippen ) immer noch eine Voraussetzung für die Anerkennung als Frau und der zentrale Moment beim Übergang der Unverheirateten zur Braut. Es ist ein fest verwurzelter Bestandteil ihrer Stammeskultur und widersetzt sich ein Mädchen diesem Ritual, wird es aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Die Beschneidung findet am Nachmittag im Hüttenvorbau der Brautfamilie statt, wo die abgetrennten Körperteile auch symbolisch begraben werden. Danach gehört das Mädchen nicht mehr zur Familie und dem Clan ihres Vaters. Bis zu einer Hochzeit müssen die Kopfhaare der Frauen abrasiert werden. Der rasierte Kopf ist ein Zeichen der Jungfräulichkeit. Ausschließlich auf eigenes Verlangen werden den unverheirateten Arbore Mädchen halbmondförmige Ziernarben an Bauch oder Oberarm eingeritzt. Das Einritzen wird mit einem Messer vorgenommen und in die kleinen Wunden wird Asche gerieben, damit sie sich nach dem Verheilen deutlich aufwölben. Waqa, der Gott der Arbore, regelt das Gleichgewicht im traditionellen Leben dieser Volksgruppe. Danach muss dem Glauben zufolge, ein Gleichgewicht zwischen Frauen und Männern, Jungen und Alten, physischer und spiritueller Macht gemäß der kosmischen Ordnung Waqas herrschen. Die Hauptnahrungsquelle der Arbore ist Sorghum ( Hirse ), das zweimal im Jahr, den Regenzeiten angepasst, am Schwemmgebiet des Weyto geerntet wird. Aus Hirse bereiten sie gedünstete Hirseröllchen und ihr Hirsebrot zu. Zudem bauen sie aber auch Mais und Hülsenfrüchte an. Der ganze Stolz und Sinnbild für Reichtum sind aber ihre Rinderherden, die jedoch vorwiegend wegen ihrer Milch und ihres Blutes genutzt und meist auf weit entfernten Weideflächen gehalten werden. Sie dienen auch in Notfallzeiten als Tauschobjekt oder Nahrungsmittelreserve. Fleisch selbst, essen sie fast ausschließlich von Ziegen und Schafen.
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